Heute erwartet euch in der Reihe “Wer ist eigentlich ...?” eine ganz besondere Ausgabe. Im Rahmen der IEM ESL Cologne hatten wir die Möglichkeit, ein Interview mit einem deutschen Stern am E-Sport-Himmel zu führen: Lenz, Co-Founder von Berlin International Gaming (BIG) und Sportlicher Direktor der esport player foundation (EPF).
Diese Chance haben wir genutzt, um mehr über seine Arbeit in der EPF und die (deutsche) E-Sport-Landschaft zu erfahren. Das Interview wurde geführt von unserem Mitglied Jana aka Wuchtig, Counter-Strike Spielerin und Teilnehmerin des EPF-Förderprogramms.
Hallo Christian!
Hallo.
Danke für die Gelegenheit, das Interview zu führen! Ich würde einfach direkt mit der ersten Frage starten, wenn es für dich okay ist. Nämlich: Wie ist die Arbeit in der EPF und wie unterscheidet sie sich von der Arbeit in einer Organisation wie BIG oder MOUZ eSports?
Eine Organisation wie BIG oder Mouz ist ein professionelles Team, das man betreut. Einmal marketingtechnisch, einmal sporttechnisch. Du hast diese ganze Turnierdichte, die du abfertigen musst. Das hast du in der EPF natürlich nicht, da geht es nur darum, den Talenten eine gute Förderung zu geben mit all den Leistungen.
Zum Beispiel im Bereich Sportpsychologie mit monatlichen Sitzungen. Fitnesschoaching, Schlafcoachings, Ernährungscoaching usw. Mit ganz viel Wichtigem wie zum Beispiel auch dem In-Game-Coaching, was einem individuell auf ein besseres Level helfen soll. Das ist wahrscheinlich das Einzige, was im Vergleich zu einer normalen Organisation gleich ist. Wobei … Ich glaube, die Infrastruktur in Deutschland ist gerade so schlecht, dass sich viele diese Punkte auch gerade gar nicht leisten können, um solche Dinge für junge Leute zu etablieren.
Und da springen wir dann ein und greifen den Talenten unter die Arme, auch mit Einverständnis der jeweiligen Organisation. Die EPF ist sowas wie eine Sportförderung, da geht es hauptsächlich um die Talentförderung und eben um solche Projekte wie beispielsweise DKB Diamonds und Xperion NXT Team. Hier versuchen wir ein gutes Umfeld für die Leute zu schaffen, damit sie entsprechend aufwachsen können in der Szene.
Okay! Wie findest du, könnte man E-Sport massentauglicher machen? Ein Beispiel, das wir dabei im Kopf haben, wären bspw. Summer Camps, wie es sie auch im Fussball gibt. Siehst du das für CS möglich?
Nee, also ich habe sehr wenig Vertrauen in politische Entscheidungen, die die E-Sports-Situation besser machen könnten. Das sollte ich eigentlich in meiner Position nicht sagen, aber ich bin die letzten 20 Jahre enttäuscht worden, deswegen rechne ich auch damit, dass ich weitere 20 Jahre enttäuscht werde. Ich bin tatsächlich so weit, dass ich sage, wir schauen lieber von selber und machen es richtig, anstatt irgendwelche Third-Party-Organizer oder Politiker mitzunehmen, die denken, sie haben es erfunden, und am Ende machen sie es schlechter.
Ich habe natürlich die Hoffnung, dass das mal besser wird – ich persönlich sehe das aber nicht. Daher sollte jeder für sich selbst und mit den richtigen Leuten versuchen, dass es gut wird.
Wie ist deine Meinung zu E-Sport auf universitärer Ebene? Dabei weniger mit Blick auf die deutsche Uniliga, sondern mehr mit Blick auf den norwegischen oder nordamerikanischen Raum, wo die Colleges wirklich dahinterstehen.
Ich finde das overall ziemlich gut. Weil es kein Konkurrenzprodukt ist, sondern die normalen Athleten in ihrem Umfeld, in ihrem Studium, quasi zusätzlich competitive noch aktiv werden können.
Ist auch egal welches Spiel. Vor kurzem war jetzt glaube ich in London die Uni-Meisterschaft global von League of Legends und Rocket League und wahrscheinlich ein paar anderen Titeln, die ich nicht auf dem Schirm habe. Aber das ist tatsächlich auch ein sehr, sehr hohes Niveau, weil du tatsächlich einige aufstrebende junge Profispieler mit drin hast. Und es ist auch ganz gut anzuschauen und das ist auch wichtig. Weil es auch so ein bisschen die Sicherheit bietet, dieses E-Sport-Technische zu kombinieren mit deinem normalen Werdegang. Also, ich finde das richtig richtig gut.
Okay, danke. Wie siehst du – sowohl in Europa als auch in Deutschland – gerade die Landschaft im E-Sport, insbesondere in Bezug auf die Differenz im Amateur- und Profibereich?
Wir sind in Deutschland wegen ganz vielen Dingen ganz weit hinten dran, sei es Internet, sei es Infrastruktur, sei es eine ordentliche Verbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Dass der E-Sport nicht richtig anerkannt wird und immer nur FIFA als Paradebeispiel vorgeschoben wird.
Da ist es halt unfassbar schwer, einen Schritt nach vorne zu machen, und da sind die anderen europäischen Länder viel weiter. Frankreich ist ein schlechtes Beispiel, die eigentlich gut gestartet sind und jetzt nach den letzten Aufständen Computerspiele wieder als Grund vorschieben, davor haben sie eigentlich alles richtig gemacht.
Dänemark ist ein ultra krass positives Beispiel wo du E-Sport – sei es Counter-Strike, League of Legends, Valorant – schon mit in die Schule integrierst, von Anfang an, und jeder, der schon seinen Fuß im E-Sport drin hat, auch gefördert wird, gerade für den ganzen sozialen Faktor. Man lernt internationale Leute kennen, man lernt im nationalen Bereich Leute kennen. Das ist ein Türöffner, auch für eine sehr gute persönliche Entwicklung, und da sind wir leider auch wieder ganz weit hinten dran. Da habe ich tatsächlich die Hoffnung, dass ordentliche Turniere das in Zukunft besser machen können.
Danke. Dann zur letzten Frage: Komplett frei gesprochen, was würdest du am internationalen E-Sport ändern?
Keine Franchise-Ligen. Es sollen in jedem Game auf den größten Turnieren die besten Teams spielen und nicht die, die das meiste Geld bezahlen. Das ist, denke ich, auch der größte Nachteil von der LEC. Und bei Counter-Strike kamen ja jetzt die News raus, dass Valve gesagt hat, Louvre-Teams [siehe auch: Louvre Agreement], und auch Blast-Teams [siehe auch: Blast Premier], das bringt euch nichts mehr. Und das ist natürlich schade für die Organisationen, die da finanziell drauf committed haben, aber es verfälscht natürlich [sonst] auch das Ranking.
Du willst als Fan auf einem Turnier immer die besten Spieler*innen sehen, und da darfst du nicht Teams bevorzugen, die sich irgendwie reingekauft haben, sondern es sollte rein nach der Leistung gehen. Das ist auch das, was uns noch fehlt, um als Sport gesehen zu werden. In die Fußball-Bundesliga kaufen sich auch keine Vereine rein.
Vielen Dank für das Interview!
Sehr gerne.
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Auch wir bedanken uns noch einmal herzlich für die Zeit, die sich Lenz für uns genommen hat, und sind gespannt, wie sich die E-Sport-Landschaft verändern wird, bis wir uns wiedersehen.